Neuer Effekt der Licht-Materie-Wechselwirkung beobachtet: Physiker der Universität Paderborn veröffentlichen Ergebnisse in Nature Communications
Die Manipulation von Licht ist ein zentraler Bestandteil moderner Informations- und Kommunikationstechnologien. Die Licht-Materie-Wechselwirkung kann z. B. durch den Einsatz optischer Resonatoren oder spezieller Materialien wie sogenannter Flüssigkristalle maßgeschneidert werden. Das ermöglicht es, verschiedene Zustände kleinster Lichtteilchen – auch Photonen genannt – gezielt zu erzeugen und aktiv zu steuern. Elektrische Felder erlauben die Steuerung geladener Teilchen. Eine direkte Kontrolle neutraler, also ungeladener Teilchen wie der Photonen, ist in der Praxis viel komplizierter. Aber: Sie kann durch sogenannte synthetische Eichfelder erreicht werden. In einer aktuellen Arbeit demonstrieren Wissenschaftler der Universität Paderborn und der chinesischen Tianjin University die Erzeugung solcher Felder für optische Anregungen in einer speziellen photonischen Mikrostruktur. Damit lässt sich die Emissionsrichtung und der Polarisationszustand bzw. die Schwingungsrichtung der elektromagnetischen Wellen des von der Struktur erzeugten Lichtes steuern. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.
Die erzielten Ergebnisse sind Resultat der gemeinsamen Arbeit von Dr. Xuekai Ma und Prof. Dr. Stefan Schumacher von der Universität Paderborn und der Gruppe um Prof. Dr. Tingge Gao von der chinesischen Tianjin University. Gao erklärt: „Kern der aktuellen Studie ist die Kombination eines neuartigen optisch aktiven Halbleitermaterials mit einem optisch anisotropen Flüssigkristall.“ Dies erlaubt die gezielte Kontrolle und Beobachtung des gewünschten Effektes. „Die durch das künstliche Eichfeld erzeugte Aufspaltung der optischen Anregungen und damit die Aufspaltung des erzeugten Lichtes in verschiedene Polarisationskomponenten ist ähnlich zur Trennung von positiv und negativ geladenen Teilchen im elektrischen Feld,” so der Paderborner Physiker Schumacher. Das verwendete perovskitische Halbleitermaterial ermöglicht dabei die Umsetzung ohne Kühlung bei Raumtemperatur, ohne Verlust der starken Licht-Materie Kopplung. „Damit wird der beobachtete neue physikalische Effekt nicht nur für weitere Studien nichtlinearer optischer Phänomene interessant, sondern auch für darauf aufbauende neuartige funktionale optische Elemente und Strukturen,“ ergänzt Ma.
Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereiches TRR142 „Tailored Nonlinear Photonics” und im Rahmen des DFG -Projektes Nr. 467358803 finanziell unterstützt.
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Die Spin-Bahn-Kopplung spielt eine wichtige Rolle beim Spin-Hall-Effekt und bei topologischen Isolatoren. Bose-Einstein-Kondensate mit Spin-Bahn-Kopplung zeigen bemerkenswerte Quantenphasenübergänge. In dieser Arbeit kontrollieren die Physiker ein Exziton-Polariton-Kondensat – einen makroskopisch kohärenten Zustand aus hybriden Licht- und Materieanregungen – mithilfe der Rashba-Dresselhaus (RD)-Spin-Bahn-Kopplung. Dies wird in einer mit Flüssigkristallen gefüllten Mikrokavität erreicht, in der CsPbBr3-Perowskit-Mikroplättchen als Verstärkungsmaterial bei Raumtemperatur dienen. Die Wissenschaftler realisieren ein künstliches Eichfeld, das auf das CsPbBr3-Exziton-Polariton-Kondensat wirkt und die Kondensatfraktionen mit entgegengesetzten Spins sowohl im Impuls- als auch im Realraum aufspaltet. Neben den Grundzuständen können auch diskrete Polaritonmoden höherer Ordnung durch den RD-Effekt aufgespalten werden. Die Arbeit ebnet den Weg zur Manipulation von Exziton-Polariton-Kondensaten mit einem synthetischen Eichfeld, das auf der RD-Spin-Orbit-Kopplung bei Raumtemperatur basiert.
Originalpublikation
Li, Y., Ma, X., Zhai, X. et al. Manipulating polariton condensates by Rashba-Dresselhaus coupling at room temperature. Nat Commun 13, 3785 (2022)
https://doi.org/10.1038/s41467-022-31529-4